Entwicklung einer Prozesskette zur additiven Fertigung von dentalen Gerüststrukturen über Binder Jetting und Plasma-elektrolytisches Polieren

Kurzbeschreibung

Prozesskettenentwicklung

Binder-Jetting und Sintersimulation

Plasma-elektrolytisches Polieren

Ansprechpartner

Fraunhofer IWS

Dipl.-Ing. Anne-Katrin Leopold

Eine neue Prozesskette für eine effiziente, individualisierte und umweltschonende Fertigung zahnmedizinischer Produkte

Einführung:

Die Nutzung von additiver Fertigung und umweltschonender Nachbehandlungsverfahren soll zukünftig eine bessere und schnellere Versorgung mir zahnmedizinischen Produkten und eine verbessere Arbeitssicherheit und Umweltverträglichkeit bei deren Herstellung ermöglichen. Bislang werden die geometrisch komplexen, individuellen Gerüststrukturen für Zahnprothesen aus einer Kobalt-Chrom-Legierung (Co-28Cr-6Mo) in zahntechnischen Laboren im aufwendigen Modellgussverfahren mit hohem Anteil an Handarbeit gefertigt.

Eine neue Prozesskette unter Nutzung des Metal Binder Jetting (MBJ), bei dem ein flüssiger Binder selektiv auf Pulverpartikel aufgebracht wird und dieses so schichtweise zu einem filigranen Bauteil aufbaut, soll manuelle Arbeitsschritte bei der Formgebung reduzieren. Die anschließende säurefreie Nachbearbeitung mit dem plasma-elektrolytischen Polieren (PeP) bietet die Chance Umwelt- und Gesundheitsbelastungen zu reduzieren. Die wichtigsten Fragestellungen des Projektes werden die Entwicklung von Softwarelösungen für die Verzugs- und Schwindungskompensation beim Sintern der Strukturen und Entwicklung eines Parameterfensters für das PeP von Co-28Cr-6Mo als umweltfreundliche Nachbearbeitungsstrategie sein. Dabei soll das Zusammenspiel von Werkstoff, Design, additiver Fertigung und Nachbearbeitung ganzheitlich betrachtet werden.

Ziel:

Ziel des Forschungsprojekts ProDentAM ist die Entwicklung einer Prozesskette aus additiver Fertigung, konkret dem Metal Binder Jetting, und dem plasma-elektrolytischen Polieren zur Herstellung metallischer Gerüststrukturen für Dentalprothesen. Dadurch sollen manuelle Arbeitsschritte und die Umwelt- und Gesundheitsbelastung bei der Herstellung dieser Strukturen reduziert werden.

Methodik:

Eingangs wird ein Orientierungsmodell der klinischen Situation simuliert und spezifische Anforderungen an die Fertigung, sowie Fertigungsgrenzen definiert. Mit welchen Mitteln, Methoden, Erhebungen und Technologien wird dies erreicht? Für den MBJ-Prozess wird das Co-28Cr-6Mo-Pulver umfangreich charakterisiert und eine Parameteroptimierung zu dessen Verarbeitung durchgeführt. Hier werden insbesondere die Geometriegenauigkeit, die Sinterdichte und die mechanische Stabilität betrachtet. Um diese gezielt zu steuern, wird eine Simulationsmethode zur Verzugskompensation der dünnwandigen, komplexen Strukturen entwickelt und die Vorhersagegenauigkeit iterativ geprüft.  Für den letzten Prozessschritt, die Nachbehandlung, wird ein auf das Materialsystem angepasster Elektrolyt und die zugehörige Nachbearbeitungsstrategie entwickelt. Diese umfasst u. a. die Abtragsrate, den Abtrag an Kanten, sowie Aufnahmepunkte und wird ebenfalls iterativ geprüft und ggf. mit anderen Verfahren zu einer kompletten Prozesskette entwickelt.

Potenzial, Verbreitung, Übertragbarkeit:

Ein erfolgreiches Projekt führt zu einer neuen Prozesskette zur Fertigung von metallischen Gerüststrukturen für Dentalprothesen. Dies umfasst ein Parameterset, sowie eine Entnahmestrategie für additiv gefertigte, individualisierte Strukturen und eine Nachbereitungsstrategie mittels PeP. Die Anwendung dieser Prozesskette würde ausgehend von den jährlich 590.000 hergestellten Klammerprothesen (Stand 2020) bereits bei der Abdeckung eines geringen Marktanteils (5 % im 1. Jahr, 20 % nach 3 Jahren) einen neuen Bereich dieses Wirtschaftszweiges generieren. Es besteht des Weiteren die Möglichkeit, die neue Prozesskette auch auf die Herstellung kieferorthopädischer Apparaturen und Komponenten für andere Formen herausnehmbaren Zahnersatzes übertragen. Die Erweiterung der Prozesskette auf weitere Materialsysteme wie bspw. Titanlegierungen kann ihre Anwendung in weiteren Branchen wie der Luft- und Raumfahrt.

Unser Konsortium: